Passanten zeigen sich entsetzt
Nur wenige Stunden nach dem Brandanschlag auf einen Wahlkampfbus der Lichtenberger SPD ist das Entsetzen bei Passanten groß: Immer wieder bleiben Männer, Frauen und sogar Kitagruppen vor dem ausgebrannten Fahrzeug in der Rathausstraße stehen, schütteln den Kopf und äußern sich fassungslos. »Man muss die SPD nicht lieben, aber solche Anschläge sind das Allerletzte«, sagte ein junger Mann. Eine Kitaerzieherin antwortete auf die Frage eines Mädchens, wer so etwas macht: »Das waren böse Menschen.«
Vermutlich hatten der oder die Täter einen Brandsatz unter die Vorderseite des Wahlkampfbusses geschleudert – und leichtes Spiel, nicht beobachtet zu werden. Der Stellplatz befindet sich zwischen zwei Parkanlagen, die nächsten Wohnhäuser sind etwa 150 Meter entfernt. Erst als die Flammen hoch loderten, rief ein Anwohner gegen 2 Uhr die Polizei. Welches Motiv die Täter gehabt haben können, ist noch unklar. Lichtenbergs SPD-Kreisvorsitzender Ole Kreins berichtete LiMa+ am Donnerstag von einer Begegnung am vergangenen Freitag auf dem Sommerfest der SPD Rummelsburg-Friedrichsfelde. »Dort sprach mich ein älterer Mann an«, erinnert sich Kreins. Dieser habe sich als AfD-Sympathisant zu erkennen gegeben und sich beschwert, dass AfD-Wahlplakate entfernt wurden. »Mir sagte er schließlich, man könne sich auch mit anderen Mitteln wehren.«
Linke-Kandidatin: unfassbar und abscheulich
Der Wahlkampfbus der SPD, ein Mietwagen, ist seit einigen Wochen im Einsatz und dient in erster Linie dem Transport von Werbematerial und Infoständen. Auf der linken Seite ist das Konterfei von Spitzenkandidatin Birgit Monteiro zu sehen, auf der anderen Seite das von Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel. Als »wirklich unfassbar und abscheulich« bezeichnete Monteiros Herausforderin um das Amt der Bezirksbürgermeisterin, Evrim Sommer (DIE LINKE), auf Facebook den Anschlag. Auch Berlins Innensenator Frank Henkel zeigte sich entsetzt. Ebenfalls auf Facebook schrieb er: »Die Gegner unseres demokratischen Systems sind feige. Sie scheuen die Debatte, ihr vermeintliches Mittel ist die Zerstörung. Sie nehmen die Gefahr für Leib und Leben billigend in Kauf. Sachbeschädigungen, brennende Autos oder eingeworfene Scheiben an Parteibüros haben aber nichts mit politischer Meinungsäußerung zu tun, sie sind kriminelle Taten, die ich auf Schärfste verurteile. Die Polizei arbeitet mit hoher Priorität, um die Täter zu ermitteln.« Danny Freymark (CDU), der Spitzenkandidat für die Abgeordnetenhauswahl, sagte: »Gegenüber der SPD Lichtenberg sowie Birgit Monteiro und Andreas Geisel haben wir unsere Betroffenheit und unsere Solidarität ausgedrückt. Als demokratische Parteien stehen wir zusammen gegen politischen Extremismus und werden alle Mittel einsetzen, diesen zu bekämpfen.«
Berlinweit Anschläge auf Parteibüros
Es ist nicht der erste Anschlag auf die SPD Lichtenberg: In den vergangenen Jahren wurde das Kreisbüro an der Rathausstraße – nur wenige Meter vom jetzigen Tatort entfernt – Ziel von Farbbeutel- und Steinwürfen. Vor wenigen Wochen brannte zudem in Spandau der Wahlkampfbus von CDU-Abgeordnetenhauskandidat Thilo-Harry Wollenschläger aus. Berlinweit wurden im ersten Halbjahr dieses Jahres 23 Straftaten im Zusammenhang mit Anschlägen auf Parteibüros registriert. »Es konnten bislang keine Tatverdächtigen bekannt gemacht werden«, heißt es dazu von Innenstaatssekretär Bernd Krömer (CDU) auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Hakan Taṣ. Einer Aufstellung der Senatsverwaltung zufolge trafen die Taten alle Parteien, darunter auch die AfD.
Unterdessen will die SPD Lichtenberg schnellstmöglich Ersatz für den ausgebrannten Wahlkampfbus beschaffen. »Wir kämpfen für eine weltoffene und tolerante Stadt, Gewalt kann in unserer Mitte keinen Platz finden«, sagte Ole Kreins.
Autor: Marcel Gäding